Definition und Konzept: Developer Experience 

Developer Experience (DevX) beschreibt die Gesamtheit aller Erfahrungen, die Entwickler:innen bei ihrer täglichen Arbeit in der Softwareentwicklung machen. Sie umfasst laut wissenschaftlicher Definition „alle Arten von Artefakten und Aktivitäten“, mit denen Developer in Berührung kommen: von der technischen Infrastruktur über die Prozesse bis hin zur Unternehmenskultur (F. Fagerholm/J. Münch, 2012).  

 Es geht also weniger um die Arbeit an sich oder die Ergebnisse, sondern wie die Developer diese erleben. Die ganzheitliche Betrachtung der Developer Experince soll dabei helfen, die Arbeitsbedingungen und -prozesse für Entwickler:innen zu optimieren. Das Ziel: ihre Produktivität und Zufriedenheit zu erhöhen – und damit auch die Ergebnisse und die Qualität der Software-Entwicklung zu verbessern. 

Die Einflussfaktoren der Developer Experience lassen sich zwei Bereichen zuordnen: 

1. Entwicklungsumgebung: Die technischen Tools und die Infrastruktur, mit denen die Developer arbeiten. 

   
   

2. Prozesse & Unternehmenskultur: Die Art, wie die Entwickler miteinander, mit Führungskräften und mit anderen Abteilungen interagieren.

   
   

Analogie zur User Experience 

Eine Analogie zur User Experience (UX) hilft, das Konzept besser zu verstehen. Für eine gute UX gestalten Sie Produkte so, dass die Nutzung für Ihre Zielgruppen möglichst angenehm und effizient ist. Warum? Kunden fragen Ihr Produkt häufiger dann nach und nutzen es intensiver.  

Bei der Developer Experience sind die Zielgruppe oder Nutzer die Developer und das Produkt ist das gesamte Arbeitsumfeld. Ihr Ziel: die Developer effizienter zu machen und emotional ans Unternehmen zu binden. 

Warum ist die Developer Experience heute so wichtig? 

Warum sollten Sie sich als IT-Führungskraft um die Developer Experience kümmern? Tun sie als Arbeitgeber nicht schon genug für Ihre Mitarbeiter:innen insgesamt? 

Erstens sind Softwareentwickler:innen hochbegehrte und gut bezahlte Fachkräfte. Bis 2040 fehlen in Deutschland laut Bitkom voraussichtlich 663.000 IT-Fachkräfte. Mit einer solch starken Verhandlungsposition wechseln Developer oft den Arbeitgeber für deutliche Gehaltssteigerungen. Sind sie im Job unzufrieden, finden sie innerhalb kürzester Zeit einen neuen Arbeitgeber. Jedes Unternehmen steht daher unter Druck, Softwareentwickler:innen zu finden, für sich zu gewinnen und zu halten. 

Zweitens sind Developer Schlüsselfiguren in der digitalen Transformation von Unternehmen. Sie setzen Digitalisierungsstrategien um und benötigen dafür optimale Arbeitsbedingungen. Es gefährdet den Erfolg Ihres Unternehmens insgesamt, wenn diese wichtigen Fachkräfte durch veraltete Tools und Prozesse behindert werden. 

Wir wirkt sich eine positive Developer Experience aus? 

Heute basiert das Geschäftsmodell vieler Unternehmen auf Software und digitalen Lösungen. Der Erfolg hängt stark davon ab, ob das Unternehmen fähig ist, innovative Software schnell zu entwickeln und einzusetzen oder auf den Markt zu bringen. Eine exzellente Developer Experience (DevX) trägt entscheidend zu diesem Ziel bei – auf mehreren Ebenen: 

Höhere Produktivität und bessere Ergebnisse 

Eine Studie fand heraus, dass Entwickler, die Freude an der Softwareentwicklung und der Entwicklungsumgebung haben, ein deutlich stärkeres Gefühl der Kontrolle erleben und das Gesamterlebnis als lohnender empfinden (Kuusinen, Petrie, Fagerholm & Mikkonen, 2016). Dies führt zu höherer Motivation. Developer sind dann eher bereit, Verantwortung zu übernehmen, Verbesserungen vorzuschlagen und sich für die Qualität ihrer Arbeit besonders zu engagieren.  

Durch eine moderne Arbeitsumgebungen werden die Developer außerdem produktiver und können bessere Codequalität liefern. Das Ergebnis sind stabilere, besser wartbare und sicherere Softwareprodukte. 

Höhere Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung 

In einem hart umkämpften Arbeitsmarkt für IT-Fachkräfte ist die Gewinnung und Bindung von Top-Talenten entscheidend. Eine positive Developer Experience kann Ihre Attraktivität als Arbeitgeber erheblich steigern und zum wichtigen Element Ihrer Employer Value Proposition werden.  

Entwickler:innen, die in einem optimierten, angenehmen Umfeld arbeiten, sind zufriedener und loyaler. Dies reduziert die Fluktuation und spart Kosten für Neueinstellungen und Onboarding. Zudem werden zufriedene Mitarbeiter:innen zu Botschafter:innen Ihres Unternehmens und erleichtern so die Rekrutierung neuer Talente. 

Bessere Wettbewerbsfähigkeit 

Die beiden vorigen Aspekte führen zu einem spürbaren Wettbewerbsvorteil. Die Effekte ermöglichen Ihnen schnellere Innovationszyklen und kürzere Time-to-Market für neue Features und Produkte, bei niedrigeren Kosten. Sie können flexibler auf Marktanforderungen reagieren und Kundenbedürfnisse besser erfüllen. 

Die Kernbereiche einer positiven Developer Experience 

 Wie können Sie eine exzellente Developer Experience in Ihrer IT-Organisation schaffen? Drei Bereiche sind entscheidend: 

Optimierte Entwicklungsumgebung 

Die Entwicklungsumgebung hat bei weitem den größten Einfluss. Sie ist das Fundament der Developer Experience. Veraltete Tools oder komplizierte Systeme führen zu Frustration und behindern die Arbeit. Eine durchdachte, moderne technisch Umgebung dagegen ermöglicht es Entwicklern, sich auf ihre Kernaufgaben zu fokussieren. Sie vergeuden keine Zeit mit Routineaufgaben, Fehlersuche oder Warten.  

Beispiele für eine effiziente Umgebung sind der Einsatz von Containerisierung für konsistente Entwicklungsumgebungen, Automatisierung oder Self-Service-Portale zur eigenständigen Ressourcenbereitstellung. Idealerweise dürfen die Developer mit den Tools arbeiten, die sie mögen und gewohnt sind. 

Autonomie und Mitsprache für Entwickler:innen  

Entwickler:innen benötigen Freiräume, um ihr volles Potenzial zu entfalten und die besten Lösungen für Kunden zu entwickeln. Mikromanagement ist kontraproduktiv und demotiviert. Zeigen Sie als Führungskräfte Vertrauen in die Fähigkeiten ihrer Mitarbeiter:innen und geben Sie ihnen die Freiheit, ihre Arbeit selbst zu organisieren.  

Binden Sie die Entwickler:innen von Anfang an in Entscheidungsprozesse ein. Nutzen Sie deren Expertise – wodurch später oft viele technische Probleme vermieden werden können. Etablieren Sie eine offene Feedback-Kultur, in der Teams Probleme ansprechen und Verbesserungsvorschläge machen können. 

Offenheit für Neues 

Kontinuierlichen Lernen und Veränderungsbereitschaft gehören zum Job eines Developers. Entwickler:innen schätzen die Möglichkeit, neue Technologien, Methoden und Ansätze auszuprobieren. Dies fördert nicht nur ihre persönliche Weiterentwicklung, sondern trägt auch zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens bei.  

Reservieren Sie einen Teil der Arbeitszeit explizit für Experimente, Proof-of-Concepts oder Weiterbildungen. Akzeptieren Sie, dass dabei Fehler passieren und nutzen Sie sie als Lernchancen. Belohnen Sie Developer, die den Mut zeigen, neue Wege zu gehen, statt sie zurückzuhalten. 

Developer Experience ist kein ‚nice to have’ 

 Unsere Erfahrung zeigt: Eine exzellente Developer Experience ist kein Luxus und auch kein HR-Thema, sondern ist von strategischer Bedeutung für erfolgreiche IT-Organisationen. Sie ist eine Grundvoraussetzung für den Erfolg von Unternehmen, deren Geschäft stark von Software abhängt – und sollte daher auf der Agenda jeder IT-Führungskraft weit oben stehen. Investitionen in die Developer Experience zahlen sich in Innovationen und echten Wettbewerbsvorteilen aus.