EVB-IT-Vertrag: Alles, was IT-Einkäufer:innen wissen müssen
EVB-IT als Grundlage für das IT-Beschaffungsmanagement?
Die EVB-IT Rahmenvereinbarung wurde vom Bund entwickelt, um die IT-Beschaffung grundlegend einheitlicher und damit effizienter, transparenter und rechtssicher zu gestalten. Ein zentraler Beweggrund war die Schaffung einheitlicher Vertragsbedingungen, um die Vergleichbarkeit von Angeboten im Zuge des IT-Beschaffungsmanagements zu erleichtern und Verhandlungen zu vereinfachen. Gleichzeitig sollten durch die Standardisierung rechtliche Unsicherheiten minimiert und Konfliktpotenziale zwischen Auftraggebern und Dienstleistern reduziert werden. So bieten die EVB-IT-Rahmenbedingungen eine verlässliche Grundlage, um sowohl technische als auch rechtliche Anforderungen klar und strukturiert zu regeln.
Zu den abgedeckten Szenarien zählen unter anderem:
- Kaufverträge für IT-Hardware und Software: Diese Verträge regeln die Beschaffung von physischen und digitalen IT-Komponenten wie Server, Netzwerkgeräte, Arbeitsplatzrechner oder Unternehmenssoftware. Sie enthalten spezifische Klauseln zu Lieferbedingungen, Gewährleistung, Service-Level-Agreements (SLAs) und Lizenzrechten. Beispielsweise kann ein Kaufvertrag sicherstellen, dass IT-Einkäufer sowohl die Hardware als auch die dazugehörigen Softwarelizenzen unter definierten Wartungs- und Supportbedingungen erwerben. Besonders relevant sind dabei Aspekte wie die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Langzeit-Support und eventuelle Rücknahmevereinbarungen durch den Anbieter.
- Cloud-Verträge: Für die Nutzung von Cloud-Services, beispielsweise EVB-IT-Cloud. EVB-IT-Cloudverträge enthalten spezifische Regelungen zu Datenschutz, Skalierbarkeit und Verfügbarkeit von Cloud-Diensten. Beispielsweise kann ein IT-Dienstleister, der Cloud-Speicher für öffentliche Einrichtungen bereitstellt, durch einen EVB-IT-Cloudvertrag sicherstellen, dass die Datenverarbeitung den gesetzlichen Anforderungen entspricht und gleichzeitig die Anbieterunabhängigkeit gewahrt bleibt.
- Systemverträge: Für komplexe IT-Lösungen mit mehreren Komponenten. Ein typisches Beispiel wäre die Implementierung einer neuen ERP-Plattform, die verschiedene Module wie Buchhaltung, Personalverwaltung und Lagerverwaltung integriert. Systemverträge regeln hierbei nicht nur die Lieferung der Software, sondern auch deren Integration, Wartung und eventuelle Erweiterungen.
- Pflegeverträge: Für Wartung und Support von Software. Ein Softwareanbieter kann mit einem Pflegevertrag sicherstellen, dass regelmäßige Updates und Sicherheitsprüfungen durchgeführt werden, um die langfristige Stabilität und Sicherheit der IT-Lösung zu gewährleisten.
EVB-IT-Verträge bieten IT-Einkäufern klare Regelungen und eine Struktur, die Rechtssicherheit und Zeitersparnis bei der IT-Beschaffung gewährleistet. Dies bedeutet eine erhebliche Entlastung im Arbeitsalltag, da Standardverträge klare Vorgaben enthalten, die Verhandlungen vereinfachen und Unsicherheiten reduzieren. Zudem können IT-Einkäufer durch die Nutzung der EVB-IT schneller fundierte Entscheidungen treffen, da die Vertragsbedingungen bereits etabliert und in der Regel praxiserprobt sind.
EVB-IT-Entscheidungshilfe für IT-Einkäufer
Wie wir nun wissen, wurde die EVB-IT für öffentliche Auftraggeber wie Ministerien, Kommunen oder staatliche Einrichtungen entwickelt. Diese Stellen nutzen die Vertragswerke, um Transparenz und Vergleichbarkeit sicherzustellen. Auch private Unternehmen können durchaus den EVB-IT-Vertrag als Basis verwenden und dessen Vorteile nutzen. Beispiele hierfür sind:
- Beispiel für ein privates Unternehmen: Ein mittelständisches IT-Dienstleistungsunternehmen, das Softwarelösungen für kommunale Behörden anbietet, kann durch die Nutzung der EVB-IT-Verträge eine reibungslose Zusammenarbeit mit öffentlichen Stellen gewährleisten. Die standardisierten Vertragsbedingungen ermöglichen eine einheitliche Abwicklung von Projekten, da Fragen zur Haftung, Supportleistungen und Laufzeiten bereits geregelt sind. Dadurch entfällt ein erheblicher administrativer Aufwand, und das Unternehmen kann sich auf die technische Umsetzung konzentrieren.
- Standardisierung interner Prozesse: Die Verwendung von EVB-IT kann auch in Unternehmen mit umfangreicher IT-Beschaffung zu effizienteren Abläufen führen. So können IT-Einkäufer beispielsweise eine einheitliche Vergabepraxis etablieren, indem sie auf bewährte Musterverträge zurückgreifen. Dadurch entfällt der aufwändige Vergleich individueller Vertragswerke, was Zeit spart und den gesamten Beschaffungsprozess beschleunigt.
Herausforderungen und Grenzen der EVB-IT
Trotz der zahlreichen Vorteile können die EVB-IT-Rahmenbedingungen für Unternehmen auch Herausforderungen mit sich bringen. Eine der größten Schwierigkeiten liegt in der starren Struktur der Vertragswerke. Während diese für öffentliche Auftraggeber sinnvoll sein kann, stoßen private Unternehmen, die agilere und flexiblere Vertragsmodelle bevorzugen, häufig an Grenzen. IT-Einkäufer müssen daher genau prüfen, ob die standardisierten Regelungen mit den internen Anforderungen des Unternehmens kompatibel sind.
Ein weiteres Hindernis besteht in der Komplexität der Verträge. Die umfangreichen rechtlichen und technischen Vorgaben erfordern ein tiefgehendes Verständnis, was insbesondere für Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung eine Herausforderung darstellen kann. Eine enge Zusammenarbeit mit juristischen Fachkräften kann hier Abhilfe schaffen und sicherstellen, dass die Nutzung der EVB-IT nicht zu unerwarteten Nachteilen führt.
Alternativen und Ergänzungen zum EVB-IT-Vertrag
Falls die ursprüngliche Form des EVB-IT-Vertrages nicht ideal für ein Unternehmen geeignet ist, gibt es alternative Vertragsmodelle und Ergänzungen, die eine ähnliche Standardisierung bieten können. Dazu gehören:
- Individuelle Vertragswerke: Unternehmen können eigene Verträge auf Basis bewährter Branchenstandards erstellen, um eine bessere Passgenauigkeit zu gewährleisten. Beispielsweise kann ein Unternehmen in der Finanzbranche spezifische Compliance-Anforderungen direkt in seinen individuellen Vertrag aufnehmen, anstatt auf allgemeine EVB-IT-Regelungen zurückzugreifen.
- Branchenstandards und Frameworks: In vielen IT-Beschaffungsprozessen haben sich ITIL oder ISO-zertifizierte Vertragsmodelle als praxistauglich erwiesen. Unternehmen, die stark regulierte Prozesse einhalten müssen, können so bewährte Standards direkt nutzen und ihre Verträge an branchenübliche Normen anpassen.
- Hybride Ansätze: Eine Kombination aus EVB-IT und unternehmensspezifischen Anpassungen kann eine Lösung sein, um sowohl Standardisierung als auch Flexibilität zu ermöglichen. Beispielsweise könnten IT-Dienstleister, die sowohl für öffentliche als auch private Kunden arbeiten, eine hybride Vertragsstruktur entwickeln, die EVB-IT-Klauseln in bestimmten Bereichen integriert, aber weiterhin anpassbare Geschäftsbedingungen zulässt.
Die Wahl der passenden Vertragsform sollte sich stets an den spezifischen Anforderungen des Unternehmens orientieren, um eine langfristig erfolgreiche IT-Beschaffung sicherzustellen.
Im Herbst 2023 wurden die EVB-IT-Verträge überarbeitet, um aktuellen technologischen und rechtlichen Entwicklungen Rechnung zu tragen. Eine der wesentlichen Änderungen betrifft die EVB-IT-Cloudverträge, die nun detailliertere Regelungen zur Datenhoheit, Exit-Strategien und Interoperabilität enthalten. Diese Anpassungen sollen sicherstellen, dass Unternehmen und öffentliche Auftraggeber mehr Flexibilität und Kontrolle über ihre Cloud-Daten behalten.
Zudem wurden die Regelungen zur IT-Sicherheit verschärft. Neue Anforderungen an Verschlüsselungstechnologien und Sicherheitsupdates sind nun fester Bestandteil der Verträge, um den gestiegenen Bedrohungen durch Cyberangriffe gerecht zu werden. Für IT-Einkäufer bedeutet dies eine erhöhte Verantwortung bei der Auswahl von Anbietern und eine genauere Prüfung der Vertragsbedingungen.
Eine weitere wichtige Neuerung betrifft die Laufzeitregelungen in den EVB-IT-Verträgen. Um Lock-in-Effekte zu vermeiden, wurden flexiblere Kündigungsoptionen integriert, die es Unternehmen ermöglichen, ihre IT-Dienstleister schneller zu wechseln, falls die vereinbarten Leistungen nicht erfüllt werden.
Diese Anpassungen machen die EVB-IT für Unternehmen attraktiver, insbesondere im Bereich Cloud-Dienste und IT-Sicherheit, indem sie mehr Planungssicherheit und Transparenz bieten.
Lohnt sich ein EVB-IT-Vertrag für private Unternehmen?
Ob sich die Nutzung der EVB-IT für Unternehmen lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Während sie für Unternehmen, die mit öffentlichen Auftraggebern zusammenarbeiten, eine klare und bewährte Vertragsgrundlage darstellen, sind sie für rein privatwirtschaftliche Unternehmen nicht immer die optimale Wahl. IT-Einkäufer müssen abwägen, ob die Vorteile der Standardisierung gegenüber möglichen Einschränkungen durch die festen Vertragsbedingungen im IT-Beschaffungsmanagement überwiegen. In vielen Fällen kann eine Kombination aus EVB-IT und individuellen Anpassungen eine passende Lösung darstellen, um sowohl die Effektivität als auch Flexibilität in der IT-Beschaffung zu gewährleisten.
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